Ich schätze den ÖGB. Er ist ein essentieller Bestandteil der Sozialpartnerschaft, deren ungewöhnliche Kombination aus Arbeitnehmern und Arbeitgebern Österreich viele Jahrzehnte gesellschaftlichen Friedens und wirtschaftlicher Prosperität geschenkt haben – eine Leistung, um die uns viele europäische Staaten beneiden und die wir selbst im Begriffe sind, zunichte zu machen.
Nachdem nun zum wiederholten Mal europäische und heimische Banken von der Politik mit unserem Steuergeld gerettet wurden – was, nebenbei gesagt, die Arbeitnehmer zu recht so verärgert, wie es den allermeisten Unternehmern die Zornesröte ins Gesicht treibt -, werden aber nun bereits vergessen geglaubte klassenkämpferische Töne laut. Eine Verkürzung der Arbeitszeit (selbstverständlich bei gleichbleibenden Einkommen), meinen die Gewerkschaften, wäre das probate Mittel zur Bekämpfung der Wirtschafts- und Schuldenkrise.
Wenn Sie mit Ihrer Familie also in eine finanziell schwierige Lage geraten würden, hohe Kredite zu tragen hätten, große Investitionen vor sich: Wäre es dann klug, sich entspannt zurückzulehnen und ein wenig kürzer zu treten? Oder wäre es nicht vielleicht ebenso einleuchtend wie bewährt, die Ärmel hochzukrempeln und damit anzufangen, die Probleme beiseite zu schaufeln?
Na also, liebe Gewerkschafter, geht doch. Alles andere ist der gefährliche Traum vom warmen Eislutscher. Österreich ist ein sehr stark exportorientiertes und dabei auch noch extrem erfolgreiches Land. Wir müssen also unsere Wettbewerbsfähigkeit im Auge haben, und das gilt für die Qualität unserer Exportprodukte ebenso wie für ihren Preis. Unseren Hochsteuer- und Wohlfahrtsstaat können wir uns nur leisten, wenn die Betriebe brummen und die Steuern fließen, sonst sind wir angesichts unserer Schuldenberge ganz schnell auf dem Niveau, das Spanien und Italien soeben kennenlernen. Und deshalb sollten wir nicht 38,5 Wochenstunden arbeiten und schon gar nicht 35, sondern alle 40 Stunden. Das ist für viele auch jetzt Realität und tut auch nicht weh.